Sonntags im November. Ein grauer, nebliger Sonntag. Tage, an denen sich die Mehrheit gemütlich zu Hause einkuschelt. Hygge ist Trend. Ich beschließe wir müssen raus an die frische Luft zum Wandern. Wandern am Puls der Natur. Für mich funktioniert das nirgendwo besser, als im Nationalpark Bayerischer Wald. Der Ort, an dem Natur Natur sein darf und wir die Zuschauer sind. Oh ja, die Gegend hat mein Herz geklaut, also komme ich immer wieder zurück. Vor dem Blog tatsächlich planlos. Einfach gehen ohne Erwartung, ohne Versprechen. Mittlerweile klappere ich „Höhepunkte“ ab. Aber wer definiert das eigentlich? Ich mag die unaufgeregten Abenteuer doch viel lieber. Eine leichte Moorwanderung im Nationalpark Bayerischer Wald klingt gut. Bei Erwähnung mit Klause und Tierfreigelände beinahe wie wie Turbo-Sightseeing-Stress. Ist es aber nicht. Besonders nicht an uzzeligen Novembertagen.

Die „Rehbock“ Route: Hirschgehege und Knotenbachklause
Beim Parkplatz werden wir vom „Willkommens-Schild“ des Nationalparkzentrum Lusen begrüßt. Wir folgen der Markierung „Rehbock“. Der Standort zeigt gleich mehrere Routenoptionen an. Aber egal wohin man laufen würde, der Wald beherrscht das Gebiet. Mal geordnet, mal chaotisch präsentieren sich die Äste zwischen dem Dunst. Unter meinen Füßen rascheln die goldbraunen Blätter und ab und zu knarzt es in den hochgewachsenen Buchen. Der Nebel küsst sozusagen meine Jacke und es bilden sich feine, kleine Wassertropfen auf der Oberfläche.


Nach wenigen Schritten passieren wir das Tierfreigelände. Zwischen Fischotter und Hirschgehege leitet uns die Beschilderung. Tiere entdecken wir heute keine. Und zur Beobachtung nehmen wir uns keine Zeit. Die Temperatur zeigt magere 1 Grad plus an.

Teilweise zieren größere mit giftgrünem Moos überwucherte Granitfelsen den Wegrand. Je mehr wir uns in den Wald begeben, umso mehr breitet sich das Gefühl von Gelassenheit aus. Bei großen Wandererlebnissen bin ich nicht selten unter Adrenalin. Wo geht es lang? Was kommt als nächstes? Schaffen wir die Hütte heute noch? Nationalpark ist slow down!


Kurz darauf laufen wir über eine Mini-Holzbrücke mit einem kleinen blubbernden Bach. Dann tauchen wir wieder in den geheimnisvollen November-Wald ein.


Für das nächste „Highlight“ der Wanderung müssen wir die Asphaltstraße überqueren. Da liegt sie, die Knotenbach-Klause. Trotz der Straße ist sie Idylle pur! Früher wurden die Klausen zum Triftern von Holz erbaut. Schwerstarbeit. Heute sind es fast magische Orte. Beim kleinen Holzhäuschen blicke ich auf das spiegelglatte Wasser. Es sieht aus, als würden die Bäume aus dem Wasser sprießen. Tatsächlich zieren sie nur die Ufer, nebst mittlerweile leuchtend rotem Farn. Der November ist nicht wirklich grau, wenn man genau hinschaut. Auf der leicht verwitterten Holzbank würde ich gerne Platz nehmen, leider ist es zu feucht.



Nationalpark Bayerischer Wald Knotenbachklause: von Baumkolonien und Mooren
Bei der folgenden Etappe werden wir erneut vom Wald verschlungen. Kunstvoll ragen die kurvigen Baumstämme in die nebelumhüllte Luft. Du kennst sie bestimmt, diese Artikel über die besten Fotospots. Völlig unwichtig, der Wald ist facettenreicher, als man glaubt. Die kahle, blattlose Kulisse stellt für mich gerade jede Bergaussicht in den Schatten und bietet eine riesige Leinwand für meine Kamera. Es ist mein „Highlight“ an diesem Sonntag.


Die Schönheit der Natur ändert sich auch nicht, als wir uns dem renaturierten Hochmoor „Kleine Au“ nähern. Auf 700 Metern Höhe befindet sich der Moor-Komplex von Altschönau. Zum Schutz des empfindlichen Lebensraums für seltene Tiere und Pflanzen führt die Route über kurvige Bohlenwege weiter. Links und rechts zieren Birken, Fichten und Berg-Kiefer den Waldpfad.

Die Wanderlinie bleibt abwechslungsreich. Wir laufen auf breiten Forstwegen gerahmt von Buchen, passieren eine kleine Siedlung und überqueren erneut eine malerische Brücke.


Beim Parkplatz sauge ich ein letztes Mal die wilde Kraft des Nationalparks auf, bevor es zurück geht nach Hause. Nach Hause ins Warme, dort wo die Mehrheit sich heute aufhält. Sonntags im November.

Du suchst eine weitere Waldwanderung im Nationalpark?
Dann schau mal hier:
Und noch mehr Informationen zum ältesten Nationalpark Deutschlands gibt es in meinem Blogartikel:
Moorwanderung im Nationalpark Bayerischer Wald
Startpunkt: Parkplatz Tierfreigelände Altschönau, Nationalparkstr. 4, 94556 Neuschönau
Markierung: Rehbock
Länge: ca. 5,5 Kilometer
Dauer: ca. 1,5 Stunden
Höhenmeter: ca. 115 hm
Einkehrmöglichkeit: keine entlang der Route, im nahegelegenen Nationalparkzentrum findest du das Café Eisenmann und die Waldwirtschaft.
Tipp zur Verlängerung: Optional hast du die Möglichkeit die Wanderung mit einem Besuch im Tierfreigelände Nationalparkzentrum Lusen zu kombinieren.
Anmerkung: Du wanderst im Naturschutzgebiet. Bitte respektiere diesen wertvollen Ort und schütze sie, indem du Müll wieder mitnimmst.
