1 Tour – 3 Gipfel: Rundwanderung Heugstatt, Enzian und Hochstein Bayerischer Wald

Rundwanderung Heugstatt Enzian Hochstein

Wenn die Berge rufen…

Ich bin dann mal in den Bergen! Wandern ist immer schön. Noch schöner ist es, wenn sich gleich eine Trilogie an Gipfel-Pausen auf einer Route befindet. Die Rundwanderung Heugstatt, Enzian und Hochstein zählt zu den etwas anderen Touren im Bayerischen Wald. Du erkundest gleich drei Berge und musst nur einmal das Haus dafür verlassen. Die Region liegt im Zellertal und punktet mit landschaftlichen Kontrasten sowie fantastischen Ausblicken von mehreren 1000-er Gipfeln.

Bei der urigen Berghütte Schareben in Drachselsried befindet sich der Startpunkt. Attraktive Wanderziele sind zu Stoßzeiten und an den Wochenenden meist gut besucht. Deswegen beschließe ich wie so oft, die Tour mit meinem Mann kurz nach Sonnenaufgang zu starten. Der Wecker klingelt um 03:30 Uhr, glücklicherweise ist die Müdigkeit an der frischen Juni-Luft im Nu verschwunden.

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Der erste Teil der Rundwanderung führt mit stetiger Steigung durch den Wald. Trotz der unchristlichen Uhrzeit lande ich sofort in einem zügigen Wander-Rhythmus. In der Morgendämmerung begleitet uns Vogelgezwitscher, allen voran die markanten Rufe des Kuckucks. Andere Wanderer treffen wir noch nicht, dafür auf Hasen und sogar ein Wildschwein kreuzt blitzschnell mit seinen Jungtieren unseren Weg.

Mit jedem Höhenmeter ändert die Natur ihr Gesicht. Totholz und Felsen mischen sich fast frech zwischen die hohen Gräser. Obwohl wir von Nieselregen überrascht werden, eröffnen sich beim Blick zurück immer wieder herrliche Aussichten auf den Bayerwald.

Rundwanderung Heugstatt, Enzian und Hochstein – Gipfelmarathon im Woid

Die weitere Strecke mündet in einer Flut aus Heidelbeersträuchern. Zwischen kleinen Trampelpfaden tauchen wir in das unendliche Grün ein. Wohin und Woher? Es sind so viele Sträucher, dass man sich nahezu beim Anblick verliert. Auf den Fotos mag es anders wirken, tatsächlich befinde ich mich auf dem markierten Weg und zertrampele keine Pflanzen.

An einem Felsen entdecke ich das Metallschild mit dem Wanderweg E6 und am Baum die obligatorische Wanderstempel-Schachtel. Wenn du das Wandern nicht scheust, kannst du über 8-Tausender-Gipfel die „Königs-Etappe“ entlang des Arbermassivs bestreiten. Für heute sollen 3 Bergabenteuer genug sein.

Wir müssen uns rechts halten, um Heugstatt zu erreichen. Es ist ein besonderer Gipfel, denn er liegt nicht auf einem felsigen Grund, sondern einer Waldwiese im Bayerischen Wald. Unter den Füßen spüre ich den immer weicher werdenden Boden. Das Kreuz aus knorrigen, dicken Holzästen, mit den bunten Fähnchen ist für mich das Schönste im ganzen Bayerischen Wald. Leider sind dieses Mal fast keine Fähnchen mehr zu sehen und die Überreste ziemlich zerfleddert. Der Winter war sichtbar hart und lang…

Tische und Bankerl aus Materialen der Natur und viele Mitbringsel, wie der berühmte Weihnachtsschmuck, machen den Ort immer wieder zu einem einmaligen Erlebnis.

Der Panoramablick ist umwerfend und genau das Richtige nach einer Woche im eingeengten Home-Office. Das Zeitgefühl ist verschwunden und es ist der perfekte Moment für einen Kaffee. Am Himmel halten sich die Wolken recht hartnäckig, die Sicht ist trotzdem ein Traum. Ich hätte noch ewig Verweilen können.

Es wäre der ideale Platz, um ein Buch zu lesen oder vielleicht sogar eins zu schreiben. Die Ursprünglichkeit dieses Orts ist nicht in Worte zu fassen. Heugstatt liegt quasi in einer Sackgasse und wir müssen ein Stück für die Fortsetzung der Route zurück wandern.

Die nächste Etappe ist deutlich gemütlicher und leitet uns erneut entlang einer Heidelbeerstrauch-Kulisse, die von einer dunklen Fichtenwand umrahmt wird. Teilweise entdecken wir kuriose Eigenheiten der Natur. Junge Fichten wachsen in abgestorbenen Baumstümpfen, während andere wiederum schroff in die Luft ragen. Nur noch wenige Meter bis zum nächsten Ziel, denn von Weitem erkennen wir bereits schemenhaft die Silhouette des Enzians.

Enzian, was für ein schöner Name für einen Berg! Dominant ragt das Metallkreuz in den mit zarten Schäfchenwolken überzogenen Himmel und sogar die Sonne blinzelt uns nun entgegen.

Rundherum breitet sich ein traumhafter Bayerwald-Blick aus. Bereits vor 600 Millionen Jahren bildete sich der Bayerische Wald aus Gneisen und Granit. Die heutige typische Mittelgebirgslandschaft ist auf tektonische Bewegungen und immensen Verwitterungen vor 65 bis 2,6 Millionen Jahren des Tertiärs zurückzuführen.

Auf der Holzbank neben dem Kreuz packen wir unsere Brotzeit aus. Eine Wohltat für mein mittlerweile hungriges Bäuchlein. Direkt vor uns zeigt sich die wilde, chaotische Natur mit umgestürzten Bäumen. Übrigens nicht gerade ein seltenes Landschaftsbild im Bayerischen Wald. Was der Sturm nicht schafft übernimmt vor allem in der Nationalpark Region der Borkenkäfer.

Richtung Hochstein bekommen wir das vermutlich berühmteste Motiv im „Woid“, den Großen Arber zu Gesicht. Aus der Ferne erblicken wir die weißen, dominanten Kuppeln des höchsten Bergs im Bayerischen Wald. Die Radaranlage ist zugegebenermaßen nicht wirklich schön, aber man erkennt somit relativ leicht von den umliegenden Bergen, wo sich der „König des Bayerischen Walds“ befindet. Im Wechsel laufen wir auf Bohlenwegen und Felspfaden hinab Richtung Hüttl-Schachtl.

Um 1600 begann die Viehweide in den Höhenlagen, den sogenannten Schachten. Zwischen Juni und Oktober war es den Bauern erlaubt, Jungrinder auf den Almen weiden zu lassen. Die berechtigten Bauern wurden als „Rechtler“ bezeichnet. Sie lebten den Sommer auf der Alm und ernährten sich von Ziegenmilch und Früchten. Nur zweimal pro Woche wurden sie mit anderen Lebensmitteln aus dem Dorf versorgt. Heute gedeiht auf den Flächen eine einzigartige Pflanzenwelt.

Die letzte Etappe zum Hochstein führt uns zunächst bergauf auf einem Schotterweg und mündet in einen steinigen Pfad durch den Mischwald. Wie immer kommt der Sommer in den Höhenlagen etwas verspätet an. Deutlich erkennbar ist es an den immer noch recht lichten, hellgrünen Buchenblättern. Nach einem erneuten kurzen und zugleich steilen Anstieg erreichen wir den gigantischen Felsvorsprung, den Hochstein.

Auszüge weiterer Wandertipps für den Oberen Bayerischen Wald:

7 Tipps Lamer Winkel: Wandern im Naturkino & Osser sowie Ausflüge

Lamer Winkel Osser: Wandern im Grenzgebiet

Gemütlich am Arberkamm Wandern: Mühlriegel, Ödriegel & Skywalk

Vom 1134 Meter hohen Gipfelkreuz erhebt sich ein traumhafter Aussichtspunkt über das gesamte Zellertal, den Nationalpark Bayerischer Wald mit dem Großen Rachel, sowie dem Kaitersberg. Die atemberaubende Bayerwald-Welt zieht uns erneut ihren Bann. Wir legen ein letztes ausgedehntes Päuschen ein, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

Das finale Stück führt durch den Wald wieder zum Ausgangspunkt. Dort lockt die Berghütte Schareben zur Einkehr, allerdings sind wir noch viel zu früh unterwegs. Ohne Käsespätzle, dafür mit jeder Menge Berg-Genugtuung steigen wir zufrieden ins Auto und verlassen das Höhen-Paradies im Zellertal…

Veröffentlicht im Juni 2021 / letzte Aktualisierung August 2023

Infos zur Rundwanderung Heugstatt, Enzian und Hochstein
  • Startpunkt: Berghütte Schareben, 94256 Drachselsried
  • Markierung: grünes Dreieck bis Sattel, gelbes S (Goldsteig) bis Heugstatt und Enzian, ab Enzian Markierung 7 bis Hüttl-Schachtl, Nummer 11 bis Hochstein
  • Länge: ca. 8,8 Kilometer
  • Anspruch: mittel
  • Höhenmeter: ca. 680 hm
  • Dauer: ca. 3,5 Stunden
  • Einkehrmöglichkeit: Berghütte Schareben beim Parkplatz
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Meine Urlaubstage und längere Reisen verbringe ich vorzugsweise in den Alpen oder weit weg am Meer in einem tropischen Insel-Paradies. Deshalb füttere ich dich auch regelmäßig mit Infos zu besonderen Reisezielen, Natur-Erlebnissen, hippen Hotels, einzigartigen Unterkünften und tasty Food-Spots über die Bayerwaldgrenze hinaus.

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