Ich laufe und laufe, mein Blick ist auf den Boden gerichtet. Erstens, damit ich nicht über Steine oder Wurzeln stolpere und zweitens damit ich vielleicht irgendetwas Farbiges zum Fotografieren finde. Die Landschaft um mich herum ist in Nebel eingehüllt. Es ist Herbst und ich verbringe eine Nacht in der Oberpfalz. Wellness im wunderschönen Bayerwaldhof und ich befinde mich gerade beim Wandern am Kaitersberg in Bad Kötzting.
Heute ist es nicht die Sorte Nebel, welche spektakuläre Schwaden bildet. Es sieht eher so aus, als wäre der Bayerische Wald ein Schwarz-Weiß-Film, in dem ich gerade die Hauptrolle ergattert habe. Lediglich schemenhaft erkenne ich die Baumspitzen. Die letzten Tage hat es geregnet, und von den Felsen landen dicke Wassertropfen auf meinen Kopf.
Ab und zu knistert es geheimnisvoll zwischen den Ästen und ich muss aufpassen, die rot-weiße Markierung nicht zu übersehen.
Kreuzfelsen, Mittagstein, Kötztinger Hütte und Räuber Heigl Höhle
Das Gebiet rund um den Kaitersberg ist bekannt für spektakuläre Felsformationen. Es beginnt östlich von Bad Kötzting und breitet sich bis zur beliebten Arberregion aus. Zahlreiche Wandermöglichkeiten auf dem Qualitätswanderweg Goldsteig, lassen den Bergkamm zu einem gut frequentierten Ausflugsziel werden.
Heute sind nur wenige Menschen in den Höhenlagen unterwegs. Schlechtwetter-Vorteil! Eigentlich hatte ich die klassische, große Runde bis zum knapp 1133 Meter hohen Riedelstein geplant. Wegen dem Nebel entscheide ich mich kurzfristig für die Tour über den Kreuzfelsen, Mittagstein, Einkehr Kötztinger Hütte und zurück über die Räuber Heigl Höhle.
Kaitersberg Bad Kötzting: Zwischen Wald und Nebel zum Kreuzfelsen
Ich entdecke vereinzelte Fliegenpilze zwischen dem moosigen Boden. Einsam sehen sie aus, als würden sie auf ein Date warten. Ich bin immer wieder fasziniert, dass dieser hübsche Pilz so dermaßen giftig ist.
Nach etwa 15 Minuten Gehzeit durch den Wald erblicke ich links ein buntes Meer aus Farn in Herbstfarben. Es ist wie ein Szenenwechsel, die Blätter knallen aus dem Nebel hervor und ich muss kurz innehalten. Sie bilden einen umwerfenden Kontrast zur restlichen Landschaft. Einfach schön!
Beim weiteren Aufstieg breiten sich gigantische Felswände zu meiner rechten Seite aus. Eigenartig, welche komplexen und beeindruckenden Formen und Größen die Natur kreiert.
Nachdem ich ein kleines Gedenkkreuz passiere, wird der Weg felsiger. Die Nässe lässt die Felsen zur Rutschpartie werden, dafür ist der Anblick fantastisch. Ich könnte immer wieder stehen bleiben, um mich in die Details der seltsamen Felsen zu vertiefen.
Den Kreuzfelsen auf 999 Metern Höhe, erreiche ich nach weiteren 30 Minuten gehen und klettern. Es ist tatsächlich ein Felsen plus Kreuz! Im Dunst erscheint das Antlitz des Stahlkreuz wie aus Glas. Fast fragil wirkt es durch den grauen Vorhang und eine gespenstische Ruhe umgibt mich. Herbststille! Atempause!
Kaitersberg Bad Kötzting: Über Felsen zur verdienten Einkehr
Die nächste Etappe Richtung Kötztinger Hütte leitet mich ebenfalls an monumentalen, silbrig glänzenden Felswänden und Wäldern vorbei. Und plötzlich laufe ich munter drauf los – Sonne! An einer Lichtung blitzt sie über dem wabernden Nebel. Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig, den Lichtmoment mit der Kamera festzuhalten und schwupps ist sie wieder weg!
Hoffnung keimt in mir auf, bei der Einkehr doch noch einen herrlichen Blick vom Kaitersberg auf den Bayerischen Wald zu erhaschen. Das letzte Stück wird merklich steiler und ich erblicke den Mittagstein. Die Bezeichnung ist etwas verwirrend. Es ist im Grunde eine offene, gemauerte Kapelle, die zu Gedenken der Kriegsopfer erbaut wurde. Sie liegt auf einer Anhöhe und es lohnt sich, die paar Meter Umweg hochzulaufen, um den Ausblick auf das Zellertal zu erleben.
Nur wenige Minuten später, sitze ich zufrieden mit einem Weißbier und einer bayerischen Mahlzeit auf der großzügigen Terrasse der urigen Kötztinger Hütte. Drinnen war es mir zu warm, also bleibe ich im Freien, obwohl ich leicht fröstle.
Der Nebel verdeckt heute leider die fabelhafte Aussicht. Trotzdem genieße ich den Moment auf dem Berg.
Die Zeit gleitet dahin. Vergeblich suche ich mal wieder nach Erklärungsversuchen, was denn genau den Aufenthalt in der Natur so reizvoll macht. Es kann ja nicht nur an dem fehlenden Terminkalender liegen. Bayerischer Wald bedeutet viel Bäume und Felsen gucken und das führt ausgerechnet bei mir – einem Kopfmenschen – zur Entspannung? Faszinierender Weise fast egal wo, ob hier am Kaitersberg oder in Passau an der Ilz. Hauptsache draußen.
Zurück leitet mich die Rundtour auf einem serpentinenartigen Waldweg über die Räuber-Heigl Höhle. Den Namen verdankt die Höhle einem ehemaligen Räuber und zugleich Volksheld. Er soll hier gehaust und die Reichen beraubt haben. Vom armen Volk gefeiert und von den beraubten Reichen gefürchtet. Also sowas wie der bayerische Robin Hood!
Als ich die Höhle verlasse, wird es auf einen Schlag Grün und hell! Die Sonne kämpft sich durch Nebel und Bäume und ich beobachte das Schauspiel eine ganze Weile.
Anschließend falle ich die letzten Meter bis zum Parkplatz in einen sorgenfreien Wanderflow. Zweifelsohne Wandern macht glücklich, sogar bei dicker Nebelsuppe.
Wanderung Bad Kötzting Kaitersberg
- Anfahrt: Bad Kötzting bis Parkplatz Reitenberg
- Länge: ca. 6,4 Kilometer
- Dauer: ca. 2,5 Stunden (ohne Pausen)
- Höhenmeter: ca. 300 hm
- Anspruch: leicht bis mittel
- Einkehr: Kötztinger Hütte