Hinterglaseum Bayerischer Wald: Faszination Hinterglasmalerei in Raimundsreut

Zeitspirale im Hinterglaseum

Was haben eigentlich Wassily Kandinsky und Franz Marc mit dem niederbayerischen Raimundsreut bei Schönbrunn am Lusen gemeinsam? Nun ja, vielleicht gibt es doch noch den ein oder anderen Geheimtipp für deinen Urlaub im Bayerischen Wald. Sollte dir ein Regentag die Wanderpläne durcheinanderwirbeln, lohnt sich ein Stopp in Schönbrunn am Lusen. Im liebevoll und detailreich gestalteten Museum „Hinterglaseum“ erfährst du die Antwort auf die Einleitungsfrage und erhältst spannende Einblicke in die Kunst- und Kulturhistorie zum Thema Hinterglasmalerei.

Was ist Hinterglasmalerei?

Hinterglasmalerei ist eine besondere Technik, bei der auf die Rückseite von Glas gemalt wird. Nach dem Umdrehen erscheint das Motiv in korrekter Form. Die Methode wurde bereits in der Antike und im mittelalterlichen Italien verwendet. Im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Hinterglasmalerei in der Nähe von Glashütten zur Volkskunst.

Warum wurde im bayerischen Raimundsreut auf Glas gemalt?

Seit dem 14. Jahrhundert ist die Kunst des Glasmachens im Bayerischen Wald verwurzelt. Raimundsreut zählte zu den bedeutendsten Orten der Hinterglasmalerei aufgrund der Nähe zur Glashütte in Schönbrunn. Übrig gebliebenes Rest-Tafelglas wurden von den Malern in schlichte Hinterglasmalerei-Bilder verwandelt.

Die Ansiedlung der Glashütten im Bayerischen Wald erfolgte damals aufgrund des großen Holzvorkommens, das als Energielieferant genutzt wurde. Quarz, der wichtigste Rohstoff, der rund ein Drittel der Glasschmelze ausmachte, war in Form von Urgestein weit verbreitet. Das harte Mineral ist übrigens am Wanderweg des Großen Pfahl bei Viechtach gut sichtbar. Hier ragt ein Teil der 150 km langen Quarzader prägnant aus der Landschaft hervor.

Mehr zum Großen Pfahl erfährst du in meinem Artikel:

Adventure Camp Schnitzmühle Viechtach: Wanderungen und Übernachten im Camp

Aufgrund der Verlagerung an billige Produktionsstandorte wurde Glas zum Massenprodukt, sodass heute nur noch wenige der traditionsreichen Glashütten in Niederbayern erhalten werden konnten.

Was dich im Hinterglaseum Bayerischer Wald erwartet?

Wenn du das Museum Schönbrunn am Lusen besuchst, wirst du relativ schnell merken, dass die Hinterglasmalerei im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet viel mehr ist als nur ein Stück Kunstgeschichte. Die Bildtafeln aus dem 18. und 19. Jahrhundert, welche hier ausgestellt sind, zählen zum Kulturerbe. Im Museum werden sie nicht nur auf informierende, sondern auch unterhaltsame und teils interaktive Weise präsentiert, die sowohl Kinder als auch Erwachsene anspricht.

Vier Generationen lang schufen Mitglieder der Familie Peterhansl in Raimundsreut ihre Meisterwerke. Zumeist dienten ihnen Kupferstiche als Inspiration und Vorlage. Ein besonders beliebtes Motiv war die Darstellung der Hl. Mutter Anna mit Maria und dem kleinen Jesuskind. Wenig verwunderlich, denn quasi ums Eck befand sich in Kreuzberg einer der damaligen St.-Anna-Wallfahrtsorte und zahlreiche Pilgerer kauften die Hinterglasbilder als Andenken.

Wie die Hinterglasbilder aus Raimundsreut die moderne Malerei beeinflussten?

So entstand im 18. und 19. Jahrhundert die berühmte Raimundsreuter Schule, die bis heute für ihre Kunst bekannt ist. Für die Raimundsreuter Maler war es ein lukratives Geschäft, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. In den einfachen Stuben der Bauernhäuser wurden schier unglaubliche Mengen an Glasbildern gemalt. Bis zu 40.000 solcher Tafeln entstanden hier pro Jahr.

Die sogenannten „Kraxenträger“ trugen die Werke in die Welt hinaus (zum Transport diente ein Holzgestell mit Gurten, die „Kraxe“ auf dem Rücken). In ganz Süddeutschland und auch im benachbarten Ausland fanden sie begeisterte Kundschaft für die Hinterglasmalerei aus dem Bayerischen Wald.

Berühmte Künstler wie Franz Marc und Wassily Kandinsky stoßen ebenfalls auf die Werke aus Raimundsreut. Um 1900 glaubten sie darin die Wurzeln der modernen Malerei gefunden zu haben und sammelten die Bilder. Erwähnt werden die Raimundreuter z.B. in Almanach „Der Blaue Reiter“, den die beiden Künstler 1912 veröffentlichten.

Fazit zum Hinterglaseum Bayerischer Wald in Schönbrunn?

Einen Besuch kann ich dir von Herzen empfehlen – nicht nur an Regentagen! Ungefähr 200 Exemplare der Raimundsreuter Hinterglasbilder entdeckst du im Museum und die Aufmachung ist alles andere als schnöde. Gleich beim Eingang wandelst du durch einen schneckenförmigen „Zeitreise-Tunnel“ mit Exponaten aus den vergangenen Jahrzehnten, die dich sehr wahrscheinlich an deine Kindheit erinnern.

Da es sich um ein ehrenamtlich geführtes Museum handelt, plante ich nur eine halbe Stunde für den Besuch ein. Tatsächlich war ich von der umfangreichen Präsentation ziemlich überrascht und insgesamt eineinhalb Stunden mit dem Aufsaugen der Informationen beschäftigt. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen stehen dir zudem für weitere Informationen zur Verfügung.

Infos zum Hinterglaseum Bayerischer Wald

  • Wo: Hinterglaseum, Schönbrunn a. Lusen 5, 94545 Hohenau
  • Telefon: 08558 – 798
  • Eintritt: kostenlos (Spenden sind natürlich gerne gesehen)
  • Öffnungszeiten: Das Hinterglasmuseum wird ehrenamtlich geführt und ist in der Regel nur von ca. März bis Oktober geöffnet. Die genauen Öffnungszeiten findest du auf der Website des Museums. Nach telefonischer Vereinbarung werden für Gruppen bei vorhandenen Personal-Kapazitäten auch außerhalb der Öffnungszeiten Führungen angeboten.

Extra Tipp zur Einkehr:

Unmittelbar beim Hinterglaseum erwartet dich die „Woid Hoamat“. Im charmant-gestalteten Wirtshaus mit Biergarten werden authentisch-bayerische Gerichte serviert. Nachmittags gibt es eine feine Auswahl an hausgemachten Kuchen und Eissorten. Kleine Besonderheit: Zu jeder Bestellung bekommst du ein Stamperl Likör aus der „Woidbrennerei“, welche der Inhaber zusammen mit Familie und Freunden im Nebenerwerb betreibt.

  • Wo: Hoamat Wirtshaus, Schönbrunn am Lusen 23, 94545 Hohenau
  • Telefon: 08558 – 97 38 630
  • Öffnungszeiten: Donnerstag – Sonntag: 10:00 Uhr bis 24:00 Uhr

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Reisebloggerin weltweit
Hey, ich bin Christiane!

Wie so oft im Leben, liegt das Gute ganz Nah. Auf Places Delight erwarten dich viele liebevoll aufbereitete Artikel über meine Heimat den Bayerischen Wald. Du bekommst also Reisetipps einer echten Einheimischen. Ich glaube, dass es im Bayerischen Wald mehr zu Entdecken gibt, als die meisten sich vorstellen können. Im Reisemagazin findest du Fine-Dining-Restaurants, exklusive Hotels und einige Wanderungen abseits der Mainstream Pfade.

Meine Urlaubstage und längere Reisen verbringe ich vorzugsweise in den Alpen oder weit weg am Meer in einem tropischen Insel-Paradies. Deshalb füttere ich dich auch regelmäßig mit Infos zu besonderen Reisezielen, Natur-Erlebnissen, hippen Hotels, einzigartigen Unterkünften und tasty Food-Spots über die Bayerwaldgrenze hinaus.

Meine Fotoausrüstung auf Reisen und beim Wandern

„Welche Kamera nutzt du eigentlich?“ Das ist eine der Fragen, die mir immer wieder gestellt wird. Bei Reisen und Wanderungen erfordert die Kaufentscheidung für die passende Kamera, Objektive, Drohne und nützliches Zusatz-Equipment eine längere Recherche. Im Artikel zeige ich dir meine aktuelle Fotoausrüstung für Outdoor- und Hotelfotografie.

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