Stell dir vor, du wanderst vier Stunden in einer Traumkulisse durch Pulverschnee. Umzingelt von wilder, faszinierender Natur. Blauer Himmel und funkelnder Schnee im Sonnenlicht. Der Gipfel gehört dir allein – der umwerfende Ausblick ebenfalls. Es war das schönste Geburtstagsgeschenk zu meinem 40. Geburtstag während des Lockdowns im Januar 2021. Keine Restaurantbesuche, keine Big Party, kein Hotelaufenthalt. Nicht mal eine Umarmung von Freunden und Familie. Aber hey ich bleibe ein lucky girl – ich lebe im Winterwonderland!
Viele nützliche Tipps über den Bayerischen Wald findest du hier:
Bekannt ist der Berg auch als Felswandergebiet. Der Einstiegspunkt liegt in der Gemeinde Mauth. Die Route selbst führt durch den unberührten Nationalpark Bayerischer Wald.
Du möchtest den Nationalpark Bayerischer Wald mal erkunden, dann lese dir doch diesen Artikel durch:


Parkmöglichkeiten gibt es in der Jägerstrassl. Direkt beim Parkplatz startet im Winter auch die Skilanglaufloipe Dreikönigsloipe. Gegenüber ruht der Stausee von Mauth. Die Strecke zur Großen Kanzel bietet im Grunde optimale Voraussetzungen für eine Schneeschuhwanderung. Für mich ist es aber wegen der Kameraausrüstung wesentlich unkomplizierter ohne Stöcke und Schneeschuhe zu wandern.
Meine Erfahrungen zur Schneeschuhwanderung auf den Großen Arber kannst du hier nachlesen:
Schneeschuhwandern Großer Arber: Bayerischer Wald mit Winterzauber


Die ersten Meter Richtung Ziel laufen wir auf der Teerstraße über die Brücke. Darunter fließt der Reschbach. Wir biegen rechts und gleich wieder links in einen Waldpfad. Durch die hervorragende Markierung ist Verlaufen praktisch unmöglich. Der Rundweg ist mit dem „Eisvogel“ gekennzeichnet.

Es dauert keine Viertelstunde und ich bin gefangen. In der Aura des Walds. So viel Schönheit – ohne Lockdown hätte ich sie heute verpasst! Eine üppige Schneedecke ziert den charakteristischen Mischwald. Spur müssen wir selber ziehen. Am Vortag hat es ununterbrochen geschneit. Es ist Mittwoch und es ist die erste Wanderung in diesem Winter, bei der wir wirklich niemandem mehr begegnen werden.
Ein seltenes Spektakel. Ab und zu kreuzen Rehspuren den Weg. Imposant erscheinen die meterhohen Bäume, durch die sich der Anstieg zur Großen Kanzel schlängelt. Hauchzarte Wolken legen sich immer wieder über die Sonne und verdecken ihr den Weg zur Erde.
Faszination Wildnis – Nationalpark Bayerischer Wald
Vom deutschen Wanderverband wurde der Weg als „Traumtour“ zertifiziert. Berechtigterweise! Meiner Meinung nach ist der gesamte Nationalpark Bayerischer Wald ein absolutes Highlight. Die Natur wird sich selbst überlassen. Purismus in wilder Form. Auf den Baumstümpfen liegt heute eine zentimeterdicke Schneedecke. Die Eiszapfen am Totholz glänzen fast elegant im Sonnenlicht.


Knietief watten wir durch den Schnee. Trotzdem ist es nicht unangenehm. Die Konsistenz ist derart pulvrig, dass kaum Nässe durch die Kleidung eindringt. Nach etwa zweieinhalb Stunden Marsch bergauf, führt uns der Weg zu einem felsigen Abhang hinunter.

Weiter geht’s auf fast ebener Fläche, durch die ungestüme Waldwelt aus Eis und Schnee, bis der Wegweiser uns rechts leitet. Es beginnt die finale Etappe zur Großen Kanzel. Die Steigung nimmt erneut zu und das Staunen über die außergewöhnliche Umgebung des Nationalparks ebenfalls. Es ist ein unbeschreiblich faszinierendes Ökosystem aus Fichten, Tannen und Buchen. Dazwischen immer wieder Totholz und beschneite Felsgebilde.



Große Kanzel, große Felsen, großes Gipfelglück
Aus der Entfernung erkenne ich schemenhaft das Holzkreuz. Die Dauer bis zum Gipfel, ist mit etwas mehr als einer Stunde ausgewiesen. Wir erreichen die mehrgipflige Große Kanzel nach ca. drei Stunden mit Fotostopps. Eigentlich marschiert man auf einer steinernen Treppe zum Endziel. Wir laufen auf unvorstellbar viel Schnee. Links vom Felsgipfel fällt der Abhang schroff hinab. Etwas Vorsicht ist geboten, um durch die Glätte nicht abzustürzen.



Die Aussicht von der 1011 Meter hohen Großen Kanzel ist sensationell. Und so einsam habe ich Berge lange nicht mehr erlebt! Alle Strapazen sind im Nu vergessen. Der Blick reicht über die sanften Wogen des Bayerischen Wald. Das Farbspektrum zeigt sich in passendem bayerisch weiß-blau. Wir setzen uns kurz und verspeisen unser mittlerweile fast gefrorenes Proviant. Egal, es schmeckt am Gipfel immer doppelt so gut, wie zu Hause.


Zurück wandern wir die obligatorische Winter-Umleitung, die übrigens sehr gut beschildert ist. In den Monaten Dezember bis Mai ist der Wanderweg zur Steinbachklause zum Schutz der Hirsche gesperrt. Wir laufen noch ein kleines Stück durch einen wirklich sagenhaften Wald! Gigantisch hoch und symmetrisch wachsen die Bäume links und rechts des Feldwegs. Die Natur ist ein Künstler!




Die Umleitung führt uns anschließend auf eine Lichtung. Der Schnee reicht mir mittlerweile bis zum Oberschenkel. Fast eine Stunde bahnen wir uns den Weg mühevoll durch die weißen Flocken, bis wir wieder den Parkplatz erreichen.

Jedes Mal, wenn ich nach einer Wanderung aus dem Woid zurückkomme, macht sich dieses eine Gefühl breit. Ich bin happy & cheers happy birthday to myself…

Winterwanderung Große Kanzel
- Startpunkt: Gemeinde Mauth, Parkplatz Dreikönigsloipe, Jägerstrassl
- Länge: ca. 8 Kilometer
- Dauer: ca. 3 Stunden (ohne Pausen)
- Anspruch: mittel
- Parkplatz: kostenlos (direkt beim Einstieg) bzw. kostenpflichtig beim Langlaufzentrum
- Jahreszeit: ganzjährig, im Winter ideal für Schneeschuhtouren